Im Gespräch mit Marouscha Levy
Mitarbeiterin im Bundesfreiwilligendienst Mia Sophie Dröge aus der Abteilung Öffentlichkeitsarbeit & Marketing traf sich zum Interview mit Bühnen- und Kostümbildnerin Marouscha Levy, um mit ihr über die nachhaltige Arbeit zu der Musiktheaterproduktion Stoff zu sprechen.
Mia Dröge: Stoff ist das erste, fast komplett recycelte Stück bei uns am Theater und du bist für die Kostüme und das Bühnenbild verantwortlich. Ist das auch dein erstes recyceltes Stück oder hast du schon vorher mal nachhaltige Bühnenbilder oder Kostüme angefertigt?
Marouscha Levy: Nicht bewusst, aber ich versuche immer so viel wie möglich aus dem Fundus zu nutzen und auch zu fragen, gab es mal ein Bühnenbild, was so aussah? Was können wir benutzen? Viele Theater bieten das auch an, die denken gleich, wenn der Entwurf schon fertig ist, mit. Die schauen dann, was sie wiederverwenden können. Das ist grundsätzlich so. Ich habe aber nicht bewusst so angefangen, bevor ich ein Modell gebaut oder entworfen habe.
MD: Okay, und bei dem jetzigen Bühnenbild, gab es da Schwierigkeiten? Musstest du an manchen Stellen Abstriche machen, weil du zum Beispiel nichts im Fundus finden konntest?
ML: Ich habe super viel aus dem Fundus genommen und auch für verschiedene Dinge second-hand Klamotten gekauft. Allerdings wollte ich gerne ein Kostüm aus Rettungsdecke-Folie machen, aber das knistert ja sehr und reißt schnell. Da war dann die Sorge, dass es nicht nachhaltig ist und dieses Material nicht gut für ein Kostüm ist. Und deshalb haben wir trotzdem was bestellen müssen. Da sind die Überlegungen: Ist das jetzt eine gute Idee oder nicht? Da geht das Künstlerische und das Nachhaltige dann einfach gegeneinander. Gut geklappt hat es aber beim Kinderchor, die sind Aschenputtel, also arm und ich dachte, die Kinder können dann Kostüme tragen, die einfach nicht passen. Das funktioniert also tatsächlich gut mit dieser Idee von Recycling und Nachhaltigkeit. Und wir haben auch beispielsweise die Eltern gefragt, ob es noch Schuhe gibt, die nicht mehr passen, damit wir das für andere Kinder im Chor weiterverwenden können.
MD: Das bedeutet, es ist bei den Kostümen oft ein Probieren und beim Maßschneidern ist dann meist das große Problem, dass man dann doch mal etwas kaufen muss?
ML: Ja. Ich muss auch heute wieder was kaufen für eine Solistin. Und da achte ich immer darauf, dass ich kein Plastik mehr kaufe. Am liebsten kaufe ich Wolle oder Baumwolle.
MD: Und wie war es beim Bühnenbild? Was hattest du da für Ideen?
ML: Es geht ja um die Müllindustrie oder wie wir mit Müll und der Welt umgehen. Nina, die Regisseurin wollte gerne, dass die Bühne einen Kreislauf abbildet. Also fangen wir mit einer leeren Bühne an. Ich wollte aber keinen Müllberg haben, also habe ich praktisch gedacht und geschaut, was braucht der Raum? Dann bin ich auf Plastikvorhänge gekommen. Aus vorherigen Produktionen wusste ich, da ist noch Plastik, was wiederverwendet werden kann. Und die passen auch sehr gut in diesen Raum. Die M*Halle ist ja grau, nicht schwarz wie bei einer normalen Theaterbühne, dadurch ist es ein sehr visuelles Bild. Ich bin also mehr künstlerisch drangegangen, mit Bühnenbild-Blick. Bei den Workshops habe ich nur einzelne Elemente, also einen Tisch und eine grüne Wand, die wir benutzen, bauen lassen.
MD: Was gefällt dir denn besonders gut an den Kostümen beziehungsweise an dem Bühnenbild?
ML: Aschenputtel geht selber durch eine Transformation, sie bekommt dann ein Kleid und im Moment sind ich und meine Assistentin Anneke dabei, die Kleider auch mit Plastik zu verarbeiten. Und das macht sehr viel Spaß. Allgemein ist es sehr interessant, diesen Weg zu gehen, von was kann man nochmal wiederverwenden. Ich mach jetzt eine Mischung aus Fundus-Kleidern und second-hand Kleidern und davon schauen wir, was von Plastik noch darein kommt.
MD: Es gibt ja auch die Taubenkostüme, die mit vielen Kleidungsstücken aus dem Barockzeitalter hergestellt wurden. Was genau sind dabei Herausforderungen?
ML: Ich habe ein bisschen gekämpft mit diesem Kostüm. Ich dachte erst, es ist wie ein Arbeiter, der auf einer Mülldeponie arbeitet, aber irgendwie hat das nicht gut geklappt. Diese Barockkostüme sind auch in etwa aus dieser Aschenputtel-Zeit und dann bin ich auf die Suche gegangen. Ich wollte auch genderneutral bleiben und habe dann auch eine gute Hut-Vorlage gefunden und daraus ist dann ein Taubenkopf entstanden und einen dicken Bauch haben wir bauen lassen. Die Kostümabteilung hat alles angefertigt, und wir haben fast alle Stoffe aus dem Stoff Fundus nehmen können. Bis auf die Hosen, die sind gekauft und 100% Baumwolle.
MD: Was genau ist denn die Aufgabe der Tauben im Stück?
ML: Im Märchen helfen die Tauben Aschenputtel beim Trennen von Linsen und Erbsen. Das greifen wir bei Stoff auf: Wir, als Menschen, wir recyceln dadurch Müll zu trennen und die Tauben, die trennen ja auch. Aber beim Recyceln ist jetzt das Problem, dass die Produzierenden Plastik haben, was aus 600 Chemikalien besteht, man kann das also nicht mehr trennen. Und wenn wir nur eine Sorte Plastik verwenden, zum Beispiel PET, dann kann man das immer wieder verwenden.
MD: Wie weit im Voraus habt ihr denn angefangen, also wann ging es los mit Bühnenbild planen, mit Stoffe sammeln fürs Bühnenbild, Plastik sammeln?
ML: Anfang Oktober aus dem letzten Jahr war ich hier und da war es eigentlich schon zu spät.
MD: Kannst du denn schon etwas über die Inszenierung verraten?
ML: Ich finde den Kinderchor sehr gut und die machen das wahnsinnig toll. Was ich noch verraten kann, ist, dass die Workshops super interessant sein werden. Man lernt ganz viel. Und wir hoffen, dass Leute auch wirklich mit einem guten Gefühl daraus kommen.
MD: Ich danke dir für das Gespräch!
Veröffentlicht April 2024
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